Kirchenführer Johanneskirche

Es spricht viel für die Annahme, dass Rott schon um 750 Pfarrei gewesen und damit älter als das benachbarte Kloster Wessobrunn ist. Der Historiker Reinhard Höppl belegt gar in den „Traditionen des Klosters Wessobrunn“(1984), dass das Kloster Wessobrunn im Widerspruch zur Tassilolegende von Rotter Adeligen gegründet worden ist.

Der erste Rotter Pfarrer Ulrich Stolz schreibt ca. 1810 von der „1060 Jahre alten Pfarrei“. Johanneskirchen waren alte Taufkirchen zur Zeit der Christianisierung unserer Gegend.

Wie das erste Kirchlein, das hier stand, ausgesehen hat, wissen wir nicht, vermutlich war es ein Holzbau. Das älteste gemauerte Bauwerk in Rott dürfte der Kirchturm sein, der früher wahrscheinlich frei stand. Er zeigt im unteren Teil bis zur Mitte der Schalllöcher romanische Elemente (also um 1200), seine Höhe dürfte ursprünglich nicht über das jetzige Mauerwerk hinausgegangen sein.

Wann er das Glockengeschoß mit den gotischen Ornamenten und seine Spitze erhalten hat, ist nicht sicher festzulegen, — vielleicht zugleich mit dem Bau der Kirche, die in ihrer Grundsubstanz der Gotik im 15. Jahrhundert zuzuschreiben ist. Die einen Meter dicken Außenmauern, der fünfseitige Grundriss des Chorraumes und die Form des Chorgewölbes der Kirche zeigen dies.

Unsere Johanneskirche war immer schon und immer wieder für die Bedürfnisse des Dorfes zu klein. 1721 scheint die Kirche außerdem in einem schlechten baulichen Zustand gewesen zu sein, sie wurde für den Gottesdienst gesperrt und dafür die Wallfahrtskirche St. Vigil in Ried (heute Riedhof) angewiesen.

Erweiterung und Rokoko-Ausgestaltung

Von 1724 bis 1727 wurde die Kirche unter Abt Thassilo Boelzl dann endlich erweitert. Der Turm wurde nun in die Kirche eingebaut, der gotische Bau umgestaltet.

Abt Engelbert Goggl von Wessobrunn (1770 – 1781) ließ die Kirche schließlich im Geiste des Rokoko umgestalten, jetzt erhielt das Gotteshaus seinen heutigen Glanz. Das Wappen des Abtes mit Schlüssel und Gockelhahn, das wir am Chorbogen der Kirche sehen, kündet vom Auftraggeber.

Die herrliche Stuckdekoration schuf ein berühmter Rotter Bürger, Johann Michael Merk, geboren 1714 in Haid, auch „oberster Stuccator des Königs von Preußen“ Friedrich des Großen. Er hatte 1754 die Rotter Postwirtschaft (Paulus) gekauft und sich dort niedergelassen. Es war nahe liegend, dass er seine Heimatpfarrkirche wie auch die Ottilienkapelle mit elegantem Rokokostuck ausschmückte.

Die gotischen Gewölberippen waren abgeschlagen worden, und das Kirchenschiff hatte ein neues Gewölbe erhalten. Es ist das Gewölbe, das bis heute am Dachstuhl mit aufgehängt ist und jetzt bei der Sanierung neu verankert und z.T. mit Gewindestangen am Giebel aufgehängt wurde.

Auf diese neue Decke malte der einheimische Künstler Johann Baader von Lechmühlen, genannt der „Lechhansl“, seine Bilder vom Leben und grausamen Tod des heiligen Johannes. An der Chorraumdecke sehen wir Johannes im Kerker, daneben in zwei schön gerahmten Medaillons seine Eltern, Zacharias und Elisabeth. Die Bilder im Schiff erzählen die Geschichte von der tanzenden Salome und von Johannes´ grausamer Enthauptung.

Vier Medaillons im Gewölbeansatz stellen die vier Evangelisten mit ihren Symbolen Engel, Löwe, Stier und Adler dar. Der Künstler verewigte sich bei der Enthauptungsszene an der Decke mit seiner Signatur: „Johann Baader pinxit 1779″.

Im Hochaltar von 1760 sehen wir auf dem von Feichtmayer aus Schongau gemalten Altarbild wieder den Kirchenpatron: Johannes tauft Jesus im Jordan.

Fast alle Skulpturen der Kirche stammen vom Weilheimer Künstler Franz Xaver Schmädl (1750-1777). Am Hochaltar stehen links Papst Urban IV, der zweite Patron der Kirche, rechts unser Bistumspatron, der hl. Ulrich. Zwei heilige Frauen schmücken die Seitenwände des Chorraums: die hl. Barbara mit dem Schwert und die hl. Katharina mit dem Rad.

Im Jahr 1951 wurde die Kirche innen umgestaltet, die Bilder der Seitenaltäre verschwanden und an ihrer Stelle grüßen heute von der sonst leeren Wand links die Statue des hl. Joseph, rechts die hl. Gottesmutter Maria (wahrscheinlich von Bartholomäus Steinle). Außerdem finden wir noch den hl. Erzengel Michael mit Waage und Schwert, den hl. Bischof Blasius und einen Bischof ohne Attribute. Eine hervorragende Arbeit des Künstlers, der Gekreuzigte mit seiner Schmerzhaften Mutter, befindet sich gegenüber der Kanzel.

Einige Male seit dieser Neugestaltung um 1770 ist die Kirche inzwischen renoviert worden. Bereits 1842 ist schon wieder von einer zu kleinen Kirche (bei 350 Einwohnen!) und der Renovierung des Turmes die Rede.

Eine traurige Geschichte folgt mit der Renovierung um 1880 unter Pfarrer Biber. Er ließ, um mehr Sitzplätze zu schaffen, den Hochaltar abbrechen und zurücksetzen, die Seitenaltäre gerade stellen und als Gipfel der „Verunstaltung“ beide Deckengemälde von Johann Baader mit blauer Farbe überschmieren und gelbe Sterne in diesen „Himmel“ hineinmalen. Zu diesem Schritt hätten Pfarrer Biber die nur halbgekleideten Figuren veranlasst. Der Pfarrer musste nach Widerstand und Klagen der Rotter Bürger 1886 die Pfarrei Rott verlassen.

Sein Nachfolger, Pfarrer Anton Kracker, musste diesen Frevel 1904 wieder in Ordnung bringen lassen, – das kunstvolle alte Deckengemälde konnte gerettet werden.

Pfarrer Biber musste dazu 500 Mark Entschädigung zahlen. Zu seiner Ehre sei aber auch erwähnt, dass er 1878 den schönen Kreuzweg auf unseren Kalvarienberg anlegen ließ. 

Erweiterung oder Neubau

Die Erweiterung der Kirche blieb Dauerthema in Rott. Unter Pfarrer Vidal um 1935 schien es endlich Ernst zu werden. „Zwecks einer geplanten Erweiterung oder noch besser eines Neubaus … ist ein Bauverein vorhanden und es ist bereits eine Summe von ca. 16000 M angesammelt; dazu sind von der Diözesansteuerkasse 15000 M als Zuschuß in Aussicht gestellt; auch ist ein Darlehen von 10 000 M von der gleichen Stelle bewilligt worden“. (aus der Niederschrift über die kan. Visitation 1940) Auch lagen bereits Pläne und ein Modell für eine Erweiterung (siehe Bild!) vor. Doch wenige Tage vor der entscheidenden Versammlung brach der Zweite Weltkrieg aus, und alles verlief im Sand.

Dass nach dem starken Anwachsen der Rotter Einwohnerschaft durch die Heimatvertriebenen im Frühjahr 1946 von 600 auf 900 Bürger die Kirche erst recht zu klein war, ist einleuchtend. Pfarrer Baumgartner hatte sie gar, als er das erste Mal seine neue Pfarrei Rott anschaute, eine Friedhofskapelle genannt. Doch schon gut elf Jahre später, am 10. Januar 1965 hatte er es geschafft, die neue Kirche zur Hl. Familie (mit 350 Sitzplätzen) wurde eingeweiht.

Aber auch für die neue Kirche gilt: Wenn alle rein gingen, gingen nicht alle rein…

K. Erhard


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