300 Rotter feierten in der Wieskirche ihr Jubiläum

Im Jahr 1759, die herrliche Wieskirche stand gerade einmal seit fünf Jahren, waren erstmals 80 bis 90 Personen „ex voto“, also aus einem Gelübde heraus, aus der Pfarrei Rott in die Wies gepilgert. „Gemeinde Rott mit 80 -90 Personen sine parocho (ohne Pfarrer)“, so ist es in der Wies nachzulesen. Das Rotter Dorfmuseum hatte zu diesem Thema viele Dokumente und Anschauungsmaterial und Fotos zusammengetragen und ausgestellt.

Am Samstag, den 2. Mai 2009 feierte die Pfarrei das Jubiläum 250 Jahre Rotter Wieswallfahrt. An diesem Tag kamen heuer sehr viele Rotter in die Wies, um mit Pfarrer Vogg einen festlichen Gottesdienst zu feiern.

Schon am Freitagnachmittag, am Tag vorher, hatte sich eine Gruppe von Fußwallfahrern von Rott aus auf den Weg zur Wieskirche gemacht. „Als wir vor einem Jahr diese Idee hatten, haben wir mit ca. zehn Leuten gerechnet, und heute stehen 55 Personen da und warten auf den Abmarsch“, meinte einer der Verantwortlichen angenehm überrascht.

Bei der letztjährigen Wieswallfahrt war man auf den Gedanken gekommen, die alte Fußwallfahrt zum Jubiläum irgendwie neu zu beleben – man wollte wieder zu Fuß gehen. Und natürlich standen die Initiatoren der Fußwallfahrt Hans Eichner, Manfred Keller, Hans Weinbuch, Martin Böckl und Konrad Erhard an diesem Freitagnachmittag abmarschbereit vor unserer Kirche Hl. Familie.

Von Pater Albert wurden die Wallfahrer mit Gebet und kräftigen Weihwasserspritzern um 14.30 Uhr auf ihren insgesamt 35 km langen Weg entlassen. Voraus das geschmückte Kreuz, zog ein langer Zug von Wallfahrern, ausgestattet mit Rucksack und gutem Schuhwerk, betend aus dem Dorf, dem weit entfernten Ziel entgegen. Man musste sich entschließen, in Viererreihen zu gehen, damit der Zug nicht so lang wird.

Männer, Frauen, Jüngere und Ältere, alle waren gewillt, die alte Fußwallfahrt von Rott bis in die Wies zu schaffen, so mancher aber auch im Zweifel, ob er das Ziel erreichen wird. Betend, singend, plaudernd und manchmal auch schweigend legte man die vielen Kilometer bei Sonnenschein zurück.

Viele hatten einen Rosenkranz in der Hand, einige auch ihre Walking-Stöcke. Die Stimmung in der Gruppe war gut, so mancher war neugierig, ob er durchhalten wird. Aber keiner machte schlapp, nicht der 6-jährige Linus Rieder und nicht der 74-jährige Jakob Gailler, doch sicherlich biss so mancher auch einmal auf die Zähne, wenn die Füße schmerzten. Doch das Erlebnis der schöner Frühlingslandschaft und das Erlebnis einer pilgernden und betenden Gruppe ließen jeden unbeirrt weiter marschieren.

Der Weg führte über Riedhof/Wohlleib nach Süden, zuerst nach Birkland-Hofen, dann ab Lederer durch den Pirschwald nach Herzogsägmühle und Peiting.

Nach vier Rosenkränzen erreichte man nach 17 km pünktlich um 19 Uhr das Ziel der ersten Tagesetappe, Peiting. Und nachdem man den Durst und Hunger gestillt (freilich wegen Defizite der Gastronomie erst nach 2 Stunden), ließ sich etwa die Hälfte der Wallfahrer nach Hause fahren, die anderen übernachteten in Peiting.

Über Nacht hatte es überraschend ein bisschen geregnet, doch morgens um Viertel nach 6 brauchte keiner mehr einen Regenschutz, eher schon einen Anorak gegen die Kühle des Morgens. Nur ganz wenige waren nach der ersten Etappe ausgestiegen, dafür kamen ein paar neue Gesichter an diesem zweiten Tag dazu.

Man ging jetzt auf dem Peitinger Wallfahrtsweg, einem ausgesprochen schönen, romantischen Weg, über Rudersau in Richtung Wies. Nach wieder 17 km über Feldwege, einsame Waldwege am Bach entlang und auch ein Stück querfeldein kam die Gruppe leicht erschöpft, aber glücklich und ein wenig stolz an ihrem Ziel an.

Man hatte sich vorher auf dem Bergrücken des Ilgener Berges bei einer langen Brotzeitpause noch ausgiebig gestärkt und auch ausgeruht. Rita und Alfons Schmid mit PKW waren nicht nur für Notfälle, sondern auch für Butterbrezen und Wurstsemmeln zuständig. Übrigens: Notfall gab es keinen und in Zeitnot kam man nie, denn in einem angemessen zügigen Tempo führte Martin Böckl als Kreuzträger die Gruppe an.

An der Landvolkshochschule in der Wies traf man mit den zwei anderen Rotter Wallfahrergruppen zusammen, die sich an diesem Tag ebenfalls auf den Weg gemacht hatten. K. Erhard, der Leiter der Gruppe der Fußwallfahrer, meldete dem Pfarrer die pünktliche Ankunft der Fußwallfahrer. Dann traf die Gruppe aus Steingaden ein. Diese Gruppe hatte sich, wie es seit 1973 üblich ist, mit dem Bus nach Steingaden bringen lassen, um von dort in die Wies zu pilgern, eine andere Gruppe mit Firmlingen und Jugendlichen kam von Wildsteig her. Außerdem waren noch viele Rotter Privatpilger anwesend, die mit PKW oder auch mit dem Fahrrad gekommen waren. Die geplante Fahrradwallfahrt der Jugend war nicht zustande gekommen.

Mit den Rotter Fahnenabordnungen, mit Pfarrer und Ministranten, zog schließlich ein langer Zug hinter den beiden Wallfahrtskreuzen auf dem kurvigen Teersträsschen zur Wieskirche. Fast im Laufschritt und mit ausgestreckten Händen kam Prälat Georg Kirchmeir mit Messgewand den Rottern entgegen, um sie an der alten Kapelle vor der Wieskirche in seiner gewohnten Herzlichkeit zu begrüßen.

Dann zogen die Wallfahrer kurz vor 12 Uhr gemeinsam in die Wieskirche ein, ein wenig ergriffen und glücklich, dass man es geschafft hatte, dass man am Ziel angekommen war, aber vielleicht auch in dem Bewusstsein, dass man das alte Gelübde von 1759 wieder einmal treu erfüllt hatte.

Zu Beginn des festlichen Gottesdienstes segnete Pfarrer Vogg die große Jubiläumskerze, die die Rotter Wallfahrer zum gegeißelten Heiland in die Wieskirche getragen hatten. Sigrid Storch hatte die Kerze kunstvoll gestaltet und gekonnt das Rotter Altarbild auf der Kerze dargestellt. Dann lauschten die etwa 300 Rotter den Worten der Liturgie und der Predigt und ließen sich gleichsam gefangen nehmen vom Orgelspiel und vom Gesang des Rotter Kirchenchores, aber auch von der Atmosphäre der Wieskirche.

Und wenn damals 1759 fast ein Viertel der Rotter Einwohnerschaft in der Wies war, wie man nachlesen kann, so traf das auch dieses Mal in etwa zu. Und einer der Fußwallfahrer wiederholte den gleichen Satz, den schon ein Teilnehmer an der Fußwallfahrt in den 60er Jahren so formuliert hatte: „Heute dabei gewesen zu sein, war ein Erlebnis, das man sein Leben lang nicht vergisst.“

K. Erhard


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